Gadarols Glosse #19 Extra: Castingshow für und gegen Menschen

Nach dem kurzen Blick auf die Schlagzeilen des Tages stolperte ich gestern über ein Interview der Bild mit Musik-Teilzeitproduzent Bohlen in der Springerpresse. Sofort fiel mir das Brot aus der linken, die Tasse aus der Rechten, der Kaffee aus dem Mund und die Farbe aus dem Gesicht, nur um sich kurze Zeit später ins Rötliche zu verschieben. Dumm und dumm gesellt sich gern, oder so ähnlich. Dies gilt für Menschen im allgemeinen, und scheinbar auch für Zielgruppen in den Medien. Kein Wunder also, dass es schon seit langer Zeit eine stählerne Allianz der Berichterstattung gibt zwischen dem menschenverachtenden Niveaulos-Sender und TV-Verpester RTL und der Bild-Zeitung, jenem Käseblatt, welches sich allenfalls an mindergebildete mit wenig Refelxionsgabe richtet oder bestens zum Einwickeln von frischem Fisch geeignet ist.

So ist es kein Wunder, dass man zur herausragenden Qualität und den Erfolgen der derzeit erfolgreichsten deutschen Castingshow „The Voice of Germany“ nichts in beiden Verblödungsinstitutionen vernehmen konnte. Im Gegenteil wird schon seit einigen Tagen mehr als tölpelhaft und durschaubar versucht den Start der neuen Staffel des größtenteils talentbefreiten Castingformates DSDS inklusive Jesus Wiedergeburt in Form von Dieter „Ich mach mich zum Affen, die Kohle stimmt ja“ Bohlen zum TV Ereignis des Jahres zu stilisieren.

Die Sendung, welche eigentlich besser den Titel „Deutschland sucht dem Super Singlestar“ heißen sollte, schließlich wurde bis dato noch nie ein echter und langfristiger Star geboren, sei das größte, tollste und beste Format auf Gottes Erden, wird dem Leser suggeriert. Und Bohlen? Der fühlt sich verständlich von so viel Fachkompetenz im Konkurrenzprogramm der ProSieben Sat.1 Gruppe in seiner Mannesehre beschnitten. Wie ein angezählter Boxer, oder auch ein gerissenes Raubtier beginnt er folglich verzweifelt seine Schandtaten der letzten Jahre zu verteidigen und wie eine Furie um sich zu beißen. Das gefällt dem gröhlenden Mob.

Geradezu lächerlich jedoch wirken die Versuche, sich selbst als Übervater von Erfolg in der Musikbranche darzustellen, denn zählt man Ansehen, Ruf und erfolgreiche Verkäufe der Jury des Formates „The Voice“ zusammen verkommt der Titan schnell zum Tellerwäscher. Sich selbst als den Erfolgreichsten darzustellen auf Grund der Tatsache, dass die DSDS Titel immer schon in der Nacht der Show auf Platz 1 der Charts rasen, und dabei völlig ausser Acht zu lassen, wie sehr die vermeintlich zukünftigen Sieger schon im Vorfeld durch eingangs genannte Medien rauf und runter genudelt werden, ist schon mehr als dilettantisch. Und was The Voice auf iTunes derzeit vollbringt ist ebenfalls nicht ohne.

Zu lesen war auch, wie sich die Produzenten der Show absichtlich über das neue Format lustig machen wollen. So sollen in einer Castingszene die Juroren unter dem Tisch hocken um eine „Blind Audition“ nachzustellen. Hoffentlich bleiben sie da. Oder eine Etage tiefer: Im Quotenkeller, denn dieses altbackene Format ist schon lange überholt. Und Bohlen wird mit den Worten zitiert, dass es eben nicht nur im die Stimme gehe, das sei vielleicht zu Zeiten von Hesters so gewesen, wo man Sänger nur hören konnte. Interessantes Verständnis von Musik von jemanden, der angeblich der Beste und Geilste ist. Ich persönlich höre 99% meiner Musik, unterwegs, auf der Arbeit und per Radiowecker. Geniesse ich sie zu Hause, dann in meinem Wohnzimmer über die „Anlage“ und sicher nicht via einem der seit vielen Jahren nicht mehr erträglichen Klingelton – Musiksender. Klar, dass Bohlen sich lieber die Tittelclips der weiblichen Gesangsstars anschaut, deren Erhebungen sind immerhin höher als sein Niveau.

Und so ist er eröffnet, der offene direkte Kampf der Casting Formate. Ich bin sicher und hoffe, dass es The Voice gelungen ist vielen nicht ganz zu verblendeten Menschen in Deutschland die Augen zu öffnen und das menschenverachtende Format des Kölner Billigsenders zu ignorieren. Wo völlig talentfreie Kandidaten in den Vorcastings ausgewählt werden und ihnen die Illusion gegeben wird etwas zu können, nur um die anschließen im TV vorzuführen und ihre unzulänglichkeiten auszuschlachten gemäß dem Motto „Zuschauer fühlen sich beim Glotzen gern überlegen“. Wo in der Jury eine völlig unbekannte Musikfrau (die wirklich Guten wollen nunmal nicht in ein solches Format, verständlich!), ein Selbstdarsteller und ein Modemensch sitzen. Wo Szenen neu zusammen geschnitten werden, Zitate eingefügt, die nie so gefallen sind und dies nur mit einem Ziel: Noch mehr die Kanditaten vorführen, diffamieren und Effekte haschen. Wo Zeit gefüllt wird mit Loops und Schwarz-Weiss Zeitlupen nach dem Motto „Unsere Zuschauer sind so dumm und träge, besser nochmal den peinlichen Moment wiederholen“. Ich werde mir einmal die Mühe machen die Nettosendezeit der Musik der Talente aufzuaddieren. In beiden Formaten.

Eine klare Botschaft wurde schon im letzten Jahr versucht. Viele Blogs und Webseiten riefen dazu auf in der Nacht des Finales nicht den neuen Siegertitel sondern Nena 99 Luftballons bei iTunes zu erwerben, um RTL und Bohlen den Rang 1 zu verderben. Oder noch besser: Den Siegertitel von „The Voice“ einfach noch einmal erwerben. Das wäre eine klare und wünschenswerte Botschaft. Ansonsten gilt: RTL einfach mal wieder abschalten.

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